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Mobilitätskonzept zur BUGA 2029: Pkw-Anteil runter auf 60 Prozent

1,8 Millionen erwartete Besuche, drei Schwerpunktbereiche, zahlreiche Einzelstandorte auf 67 Kilometern – und all das in einem engen Flusstal und seinen weitläufigen Höhen in Hunsrück, Taunus und Ausläufern des Westerwaldes. Der intelligenten Steuerung der Besucherströme der BUGA 2029 kommt da eine überragende Bedeutung zu.

Anreise zur BUGA 2029. Die Navigations-App auf dem Smartphone hat in Echtzeit verschiedene Parameter wie Fahrtdauer, Stauprognose, Aufwand für die Parkplatzsuche, Parkgebühren und Transferzeiten ausgewertet und verkündet via Lautsprecher: »Bitte fahren Sie auf den Park & Ride-Parkplatz, nutzen Sie den Regionalexpress bis St. Goar und setzen Sie dort zur Loreley über. Sie sparen 24 Minuten und 6,50 Euro.« Die Kosten für Parkplatz und Zugfahrt werden automatisch abgebucht, die Tickets samt BUGA-Eintritt der Telefonrechnung zugebucht. So könnte es schon mit Stand heute laufen. Welche Möglichkeiten die Digitalisierung bis 2029 eröffnen wird, ist kaum abzuschätzen. Schließlich werden Smartphones bis 2029 noch viele Überraschungen bieten.

Konkret absehbar ist hingegen, dass an starken Tagen gut 20.000 Besucher zur BUGA anreisen werden, rund 10.000 davon den jeweiligen Schwerpunktbereich ansteuern und dabei sowohl links- als auch rechtsrheinisch Welterbe erleben wollen. Dem Konzept folgend sind zusätzlich die zentralen Bühnen, die dezentralen Veranstaltungen und vor allem die schwimmenden Blumenhallen auf dem Rhein integraler Bestandteil eines Besuchs. Die vertikale Mobilität zwischen Talgrund und Höhenbereichen und die Überwindung des Rheins stellen dabei eine besondere Herausforderung der BUGA 2029 dar. So mancher Besucher wird an seinem BUGA-Tag außerdem nicht nur den dann gärtnerisch schwerpunktmäßig bespielten Bereich sehen wollen, sondern auch einen der anderen Bereiche – oder sogar beide. Diese antizipierten Volumina und Verhaltensmuster sind Eckdaten, denen das Verkehrskonzept angebots- und kapazitätsmäßig gerecht werden muss.

Das alles soll für die Besucher schnell, bequem, möglichst ohne Wartezeiten und zu vertretbaren Kosten möglich sein. Dafür braucht es nicht nur intelligente Software, sondern auch leistungsfähige Hardware in Form von Verkehrsinfrastruktur. Zugleich sollen zusätzliche Belastungen durch eine Verstärkung des Individualverkehrs im Tal möglichst minimiert werden. Klar ist auch: Im Tal selbst kann kein Parkraum für per Pkw anreisende BUGA-Besucher geschaffen werden. Diese Anforderungen sollen mit unterschiedlichen Strategien erfüllt werden.

Ein Muss: Reduzierung des Pkw-Anteils!

Vorrangiges Ziel ist es, den Anteil der mit dem Pkw anreisenden Besucher auf 60 Prozent zu drücken. Die Voraussetzungen dafür sind gut:

  • Bahnanbindungen nach Koblenz und Wiesbaden bzw. Mainz
  • von hier aus Anbindung an verschiedene Zugformate
  • zehn linksrheinische und zwölf rechtsrheinische Bahnhaltepunkte zwischen Bingen / Rüdesheim und Koblenz
  • Erreichbarkeit der BUGA-Veranstaltungsorte per Ausflugs- oder Kreuzfahrtschiff.

Bahn und Schiff sollen einen Anteil von rund 15 Prozent erreichen. Als etabliertes Busreiseziel dürfte es dem Oberen Mittelrheintal überdies möglich sein, 20 Prozent der BUGA-Besucher mittels Reisebussen anreisen zu lassen. Marketing und Vertrieb werden eine entscheidende Rolle dabei spielen, die Besucher verstärkt dazu zu bewegen, das Auto stehen zu lassen. Dank Rheintalradweg, Rheinsteig und RheinBurgenWeg werden zur BUGA 2029 auch mehr per Rad oder streckenweise zu Fuß anreisende Gäste als bei Gartenschauen sonst üblich erwartet.

Trotzdem werden an gut besuchten Tagen 5000 bis 6000 Pkw und rund 150 Busse unterzubringen sein, davon jeweils rund 50 Prozent in den saisonal schwerpunktmäßig bespielten Bereichen. Diesen sollen zentrale Sammelplätze zugeordnet werden, und zwar in Lahnstein (nördliches Tal), auf der Hunsrückseite (zentrales Tal) und in Rüdesheim / Bingen (südliches Tal). Damit die Besucher diese akzeptieren und Parksuchverkehr aus dem Tal herausgehalten wird, bedarf es umfassender Kommunikation, guter Beschilderung schon an den Autobahnen, intelligenter Softwarelösungen und attraktiver Angebote für den Weitertransport zu den eigentlichen Zielen.

Im Tal selbst müssen ausreichende Kapazitäten zur Rheinquerung bereitgestellt werden.

In Lahnstein und Rüdesheim stehen dafür sowohl die Schifffahrt als auch die Bahn zur Verfügung. Auch Bus-Shuttles können von hier aus den Weitertransport übernehmen. Die direkte Nachbarschaft von ICE-/IC-Halt, Fähr- und Schiffsanlegern sowie der Bundesstraße B 42 begünstigt die Funktion Rüdesheims als zentralen Sammelplatz und Verknüpfungspunkt. Gäste, die per Pkw anreisen, werden überwiegend die Autobahn A 61 nutzen. Im Bereich der Autobahnausfahrt Pfalzfeld kann ein Pkw- und Bus-Sammelplatz als Portal insbesondere für den zentralen Talbereich etabliert werden.

Für den Weitertransport nach St. Goar und Oberwesel bedarf es innovativer Lösungen, denn für einen klassischen Bus-Shuttle bestehen Einschränkungen: in St. Goar am Schlossberg aufgrund der zu schmalen und niedrigen Eisenbahnbrücke, in Richtung Oberwesel aufgrund der Spitzkehren und der geringen Straßenbreite. Hier könnten kompakte, selbstfahrende Fahrzeuge Abhilfe schaffen. Im Tal selbst müssen ausreichende Kapazitäten zur Rheinquerung bereitgestellt werden.

Dank Rheintalradweg, Rheinsteig und RheinBurgenWeg wird die BUGA 2031 auch mit dem Rad oder zu Fuß gut zu erreichen sein. (Foto: Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH/Dominik Ketz)

Ausgehend von den Erfahrungen mit der Rheinseilbahn bei der BUGA 2011 in Koblenz ist als erster Anhaltspunkt davon auszugehen, dass im jeweiligen Schwerpunktbereich für die Rheinquerung eine Kapazität von mindestens etwa 5000 Personen pro Tag und Richtung erforderlich sein wird. Wenn die Anreise überwiegend über eine Rheinseite erfolgt, wird diese Kapazität zudem vorwiegend in einem Zeitfenster von drei bis vier Stunden nachgefragt, da die Besucher vormittags hin- und nachmittags zurückqueren.

Dafür könnten außer den bestehenden Fähren auch Wassertaxis dienen. Diese hätten das Potenzial, sowohl ein Highlight des Besuchserlebnisses zu werden als auch über die BUGA hinaus eine grundlegende Optimierung des ÖPNV im Oberen Mittelrheintal einzuleiten.

Die Schaffung neuer Mobilitätsangebote ist derzeit noch nicht im BUGA-Budget enthalten. Es wird ab etwa 2025 bis 2027 in einem verifizierten Mobilitätskonzept noch zu klären sein, welche Optionen für 2029 zur Verfügung stehen, um die notwendigen Kapazitäten mit angemessenen Fahrzeiten bereitstellen zu können.

Das Konzept der Wassertaxis befindet sich momentan im Ideenstadium. Es ist eine vertiefende Studie zu möglichen Geschwindigkeiten und Kapazitäten notwendig. Außerdem müssen Anlegestellen durch die Wasserschifffahrtsverwaltung genehmigt werden. Darüber hinaus haben die Fährstellen Mitspracherecht in der Konzessionsvergabe und für spezielle Ortsverbindungen ist ein Fährführerschein notwendig. Die bestehenden Fähren könnten an besucherstarken Tagen auch größere Fußgängergruppen aufnehmen, wenn dafür die Autobeförderung ausgesetzt wird. So könnte die Autofähre Bingen-Rüdesheim mit einem 20-Minuten-Takt beispielsweise 600 Personen pro Stunde befördern. Ihre Bereitschaft zur Kooperation – auch im Ticketing – haben die Fährbetreiber in einem ersten Gespräch bereits geäußert.

Vorhandene Infrastruktur als Rückgrat

Für den Transport der Besucher zwischen den Talabschnitten und innerhalb der Schwerpunktbereiche wird auf die gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur entlang der Rheinschiene aufgebaut werden können. Die unterschiedlichen Verkehrsträger von der Bahn über die Schifffahrt, die Straße und auch die Radwege, die mit Radverleihsystemen und unter Einsatz neuer Möglichkeiten der E-Mobilität für alle Gäste nutzbar gemacht werden können, gilt es über Knotenpunkte noch besser zu verknüpfen. Die geringe Auslastung des ÖPNV bietet ausreichend Kapazitäten für die Beförderung zahlreicher BUGA-Besucher. Die weitgehende Integration dieser Mobilitätsangebote in das Ticketing dürfte 2029 als selbstverständlich vorausgesetzt werden.

Die Auslastung der vorhandenen Bahnverbindungen beträgt derzeit linksrheinisch 40 Prozent und rechtsrheinisch 20 Prozent – bei einer Kapazität von ca. 500 Personen pro Stunde und Richtung. Das kann sich bis 2029 verändern, da bis dahin weitere Ausschreibungsphasen für den Betrieb der Strecken anstehen. Eine weitere Taktverdichtung ist jedoch ausgehend von den Streckenkapazitäten nicht möglich.

Zusammenfassung

Durch eine intelligente Verknüpfung einzelner Verkehrsarten, unterschiedliche Lenkungsinstrumente, die Schaffung innovativer Infrastrukturen sowie die Adaption des sich wandelnden Mobilitätsverhaltens kann zur BUGA 2029 trotz der Vielzahl an Herausforderungen ein leistungsfähiges und zuverlässiges Verkehrsangebot entwickelt und aufgebaut werden – auch dank der bis dahin zu erwartenden technologischen Entwicklungen.

  • In unserer Serie beleuchten wir auf Basis der Machbarkeitsstudie (PDF 2031, Ergänzung 2029) die Möglichkeiten und Auswirkungen der Bundesgartenschau 2029 im Oberen Mittelrheintal. Bisher erschienen:
  1. Familie Schmidt besucht die BUGA
  2. Impulse für das Obere Mittelrheintal
  3. So war es bei der Landesgartenschau 2008 in Bingen
  4. So war es bei der Bundesgartenschau 2011 in Koblenz
  5. So war es bei der Bundesgartenschau 2015 in der Havelregion
  6. Eine dezentrale BUGA – geht das?
  7. Besonderheiten und Potenziale
  8. Landschaft: Wasser, Wald, Fels und Wein
  9. Die Wiege des Tourismus
  10. Infrastruktur: Fluch und Segen zugleich
  11. Orts- und Regionalentwicklung
  12. Das Unesco-Welterbe
  13. Organisationsmodell und Planungsprozess
  14. Partizipation
  15. Planungsgrundlagen
  16. Ziel- und Erfolgskriterien
  17. Flächenmeldung und Einordnung
  18. Leitlinien
  19. Verbundräume
  20. Auf dem Rhein
  21. Das ganze Tal bespielen
  22. Konzept für die BUGA 2029
  23. Qualifizierung und Auswahl von Schwerpunktstandorten und -projekten
  24. Standorte im Nördlichen Tal
  25. Standorte im Zentralen Tal
  26. Standorte im Südlichen Tal
  27. Mobilitätskonzept
  28. Veranstaltungskonzept
  29. Touristische Infrastruktur
  30. Weitere Projektideen
  31. Was bleibt?

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