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Das UNESCO-Welterbe: Kein anderes deutsches Kulturerbe hat eine größere Fläche

Seit 2002 führt die UNESCO die Kulturlandschaft des Oberen Mittelrheintals als Stätte von »außergewöhnlichem universellem Wert« für die Menschheit. Eine Auszeichnung, die zugleich Verpflichtung ist.

Die UNESCO als Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur fasste auf ihrer Generalkonferenz im Herbst 1972 einen historischen Beschluss: Sie verabschiedete das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt. Hintergrund dieses Beschlusses war die zunehmend drohende Zerstörung dieses Menschheitserbes und die Erwägung, dass Teile des Kultur- oder Naturerbes von außergewöhnlicher Bedeutung sind und daher als Bestandteil des Welterbes der ganzen Menschheit erhalten werden müssen.

Das Deutsche Eck in Koblenz. (Foto: Piel media)
Das Deutsche Eck in Koblenz. (Foto: Piel media)

Es dauerte sechs Jahre, bis mit dem Dom zu Aachen das erste deutsche Monument in den Rang eines solchen Welterbes erhoben wurde. Mittlerweile zählt die Bundesrepublik 42 Weltkulturerbestätten, -denkmäler oder -ensembles. Dem Oberen Mittelrheintal kommt dabei eine Sonderrolle zu. Kein anderes Kulturerbe in Deutschland erstreckt sich mit 620 km² (davon 273 km² in der Kernzone) über eine derart große Fläche und umfasst eine solche Vielfalt kulturgeschichtlicher Zeugnisse.

Was macht die 67 Flusskilometer zwischen Bingen und Rüdesheim und der Südspitze am Deutschen Eck so besonders? Für die ICOMOS, den Internationalen Rat für Denkmalpflege, der die UNESCO als Berater und Gutachter bei der Erfüllung der Welterbe-Konvention unterstützt, erfüllt das Obere Mittelrheintal gleich drei von sechs möglichen Kriterien für ein Weltkulturerbe:

Das »angeschlagene« Weltkulturerbe soll geschützt werden. (Foto: Piel media)
Das »angeschlagene« Weltkulturerbe soll geschützt werden. (Foto: Piel media)
  • Mit seiner Rolle als einer der bedeutendsten Transportwege Europas hat das Mittelrheintal seit zwei Jahrtausenden den Kulturaustausch zwischen dem Mittelmeerraum und dem Norden erleichtert.
  • Es ist ein herausragendes Beispiel für eine Landschaft, die signifikante Stufen in der menschlichen Geschichte veranschaulicht, eine organisch gewachsene Kulturlandschaft, deren heutiger Charakter sowohl durch seine geomorphologische und geologische Entstehung als auch durch die menschlichen Eingriffe über einen Zeitraum von zweitausend Jahren geprägt wurde.
  • Es umfasst herausragende Beispiele für traditionelle Landnutzungen, die repräsentativ für die menschliche Interaktion mit der Umwelt in einem engen Flusstal sind. Besonders die Terrassen der steilen Hänge haben der Landschaft in mehrfacher Hinsicht ihren Stempel aufgedrückt.

Mit den Reben verschwindet auch ein Teil der unverwechselbaren Kultur dieses Tals

Entwicklungspotenzial der Grünflächen besteht auch in Kestert. (Foto: Piel media)
Entwicklungspotenzial der Grünflächen besteht auch in Kestert. (Foto: Piel media)
Verbuschung der Weinberge an den steilen Terrassenhängen. (Foto: Piel media)
Verbuschung der Weinberge an den steilen Terrassenhängen. (Foto: Piel media)

Gerade die Terrassen sind es, die die UNESCO als bedroht ansieht und die den Hütern des Welterbes die Unterschutzstellung des gesamten Oberen Mittelrheintals als geboten erscheinen ließ. Auch die UNESCO geht davon aus, dass der Schutz des Welterbes und erfolgreicher Tourismus einander bedingen und die Zusammenarbeit zwischen Akteuren beider Seiten positive Auswirkungen sowohl auf den Denkmal- und Naturschutz als auch auf den Tourismus hat.

Genau deswegen ist der Welterbe-Titel nicht nur ein Prädikat, mit dem sich trefflich um Touristen werben lässt, sondern auch ein Auftrag, den Charakter der Landschaft zu erhalten, man könnte auch sagen: wiederherzustellen. Denn die so prägenden Weinbergterrassen sind in den letzten Jahrzehnten zunehmend unkenntlich geworden. Wald und Buschwerk haben sich dort breitgemacht, wo einst in mühevoller Handarbeit Weinbau betrieben wurde. Mit den Reben verschwindet auch ein Teil der unverwechselbaren Kultur dieses Tals.

Die Marksburg bei Braubach. (Foto: Fotolia/Zauberblicke)
Die Marksburg bei Braubach. (Foto: Fotolia/Zauberblicke)

Ähnlich wie im 19. Jahrhundert, als die reiche Bevölkerung (Adlige und einige Fabrikanten) im Zeichen der Romantik für den Erhalt und den Wiederaufbau der prägenden Burgen sorgte – wodurch es dem Oberen Mittelrheintal überhaupt vergönnt war, im 21. Jahrhundert als Welterbe anerkannt zu werden –, müsste heute eine Bewegung für den Erhalt der kulturlandschaftlichen Einmaligkeit einstehen. Genau dieses Ziel hat sich der 2005 gegründete Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal gesetzt.

Dem Oberen Mittelrheintal kommt eine Sonderrolle zu. Kein anderes deutsches Kulturerbe erstreckt sich mit 620 km² über eine derart große Fläche und umfasst eine solche Vielfalt kulturgeschichtlicher Zeugnisse.

Mitglieder des Zweckverbandes sind die Kommunen und Landkreise im Bereich des Oberen Mittelrheintals, das Land Rheinland-Pfalz und das Land Hessen. Als seine Aufgaben hat er vor allem die folgenden definiert: »zum Erhalt der für die Kulturlandschaft kennzeichnenden Denkmäler und zur Bewahrung der historischen Ortsbilder beizutragen, die Grün-, Wasser-, Wald- und sonstigen von der Bebauung freizuhaltenden Flächen mit überörtlicher Bedeutung für die Erholung und zur Erhaltung eines ausgewogenen Naturhaushalts (Landschaftsschutz) zu sichern und weiterzuentwickeln«. Dazu gehören explizit auch der Erhalt und der Umgang mit aufgegebenen Weinbergsflächen.

Burg Rheinfels bei St. Goar. (Foto: Piel media)
Burg Rheinfels bei St. Goar. (Foto: Piel media)

Natürlich will man auch die touristische Infrastruktur entwickeln, das Tal überregional bekanntmachen und vermarkten. Doch viele Gäste und der Schutz des Welterbes stehen nicht im Widerspruch. Im Gegenteil: Je mehr Besucher die Weinberge erwandern und ihre Erzeugnisse konsumieren, desto eher wird sich der Anbau wieder lohnen.

(Grafik: Machbarkeitsstudie BUGA Oberes Mittelrheintal)
(Grafik: Machbarkeitsstudie BUGA Oberes Mittelrheintal). Hier geht es zu einer zoombaren interaktiven Karte.
  • In unserer Serie beleuchten wir auf Basis der Machbarkeitsstudie (PDF 2031, Ergänzung 2029) die Möglichkeiten und Auswirkungen der Bundesgartenschau 2029 im Oberen Mittelrheintal. Bisher erschienen:
  1. Familie Schmidt besucht die BUGA
  2. Impulse für das Obere Mittelrheintal
  3. So war es bei der Landesgartenschau 2008 in Bingen
  4. So war es bei der Bundesgartenschau 2011 in Koblenz
  5. So war es bei der Bundesgartenschau 2015 in der Havelregion
  6. Eine dezentrale BUGA – geht das?
  7. Besonderheiten und Potenziale
  8. Landschaft: Wasser, Wald, Fels und Wein
  9. Die Wiege des Tourismus
  10. Infrastruktur: Fluch und Segen zugleich
  11. Orts- und Regionalentwicklung
  12. Das Unesco-Welterbe
  13. Organisationsmodell und Planungsprozess
  14. Partizipation
  15. Planungsgrundlagen
  16. Ziel- und Erfolgskriterien
  17. Flächenmeldung und Einordnung
  18. Leitlinien
  19. Verbundräume
  20. Auf dem Rhein
  21. Das ganze Tal bespielen
  22. Konzept für die BUGA 2029
  23. Qualifizierung und Auswahl von Schwerpunktstandorten und -projekten
  24. Standorte im Nördlichen Tal
  25. Standorte im Zentralen Tal
  26. Standorte im Südlichen Tal
  27. Mobilitätskonzept
  28. Veranstaltungskonzept
  29. Touristische Infrastruktur
  30. Weitere Projektideen
  31. Was bleibt?

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