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So war es bei der Bundesgartenschau 2015 in der Havelregion

Fast die gleiche räumliche Ausdehnung und die Lage am Fluss: Die BUGAs 2015 und 2029 weisen auf den ersten Blick viele Gemeinsamkeiten auf.

BUGA-Havelregion 2015: Marienberg in Brandenburg an der Havel. (Foto: DBG)

Die Idee einer regionalen Bundesgartenschau ist nicht neu. Die Havelregion vereinte im Jahr 2015 auf fast 80 Kilometern entlang der Havel fünf Städte und Gemeinden sowie die beiden Bundesländer Brandenburg und Sachsen-Anhalt zur BUGA 2015 Havelregion.

Brandenburg an der Havel, Premnitz, Rathenow und das Amt Rhinow liegen in Brandenburg, die Hansestadt Havelberg in Sachsen-Anhalt, nahe der Havelmündung in die Elbe. Aufgrund des ähnlichen Ansatzes lassen sich einige Lehren aus dieser Bundesgartenschau ziehen. Die Erfahrungen haben nützliches Wissen erbracht, das in die Entwicklung und Entstehung der BUGA 2029 einfließen kann. Gemessen an den Besucherzahlen hat die BUGA 2015 Havelregion ihr Ziel verfehlt. Statt 1,5 Millionen kamen circa eine Million Gäste. Die Analyse im Nachgang hat drei Hauptursachen dafür ausgemacht. Die Havelregion hatte mit schwierigen Mobilitäts-Bedingungen zu kämpfen, die touristische Infrastruktur war nicht ausreichend entwickelt und der Marketingetat war zu gering, um diese Nachteile ausgleichen zu können.

Werfen wir einen Blick auf die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede der beiden BUGAs und anschließend auf die Erkenntnisse, die sich daraus ziehen lassen.

Vielfalt, Region und Aufenthaltsdauer: Gemeinsamkeiten

Das Konzept folgte einem ähnlichen Ansatz. In den fünf Gemeinden befanden sich insgesamt acht Ausstellungsflächen, die das eigentliche BUGA-Gelände ausmachten. Die Orte und Ortskerne sowie die Landschaft der Havelregion bildeten die Ergänzung: Die BUGA wollte gemeinsam mit den Zwischenräumen die gesamte Havelregion inszenieren und langfristig aufwerten.

Um eine zu große Deckungsgleichheit der fünf Standorte zu vermeiden,
setzte die BUGA-Havelregion auf eine Profilierung der Standorte nach Themen. Es sollten nicht überall dieselben Erlebnisse und Eindrücke warten. Die Gäste sollten sich ihre ganz persönliche BUGA zusammenstellen und nicht mit falschen Erwartungen an eine One-Location-BUGA anreisen. Die Kommunikation hat dies von Anfang an ins Zentrum gestellt.

Die BUGA 2015 Havelregion war nicht an einem Tag umfassend erlebbar. Die Transferzeiten und die Vielfalt des Ausstellungskonzeptes machten einen mehrtägigen Aufenthalt ratsam, wenn Gäste den Anspruch hatten, alle Orte zu besuchen.

Der Anteil an auswärtigen Gästen, die zur BUGA reisen und am Zielort übernachten, ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen:

BUGAJahrAnteil auswärtige GästeAnzahl ÜbernachtungenAnteil Übernachtungen
Koblenz201138 %ca. 900.00025 %
Hamburg201356 %ca. 350.00032 %
Havelregion201555 %ca. 450.00044 %

Aus diesem statistischen Trend lässt sich zwar keine empirisch verlässliche Prognose ableiten. Dennoch spricht vieles dafür, dass auch die BUGA 2029 von diesem Trend geprägt werden könnte. Die Inszenierung des gesamten Oberen Mittelrheintals als Ergänzung zu den eigentlichen Ausstellungsflächen ist ebenso im Konzept vorgesehen wie die Profilierung einzelner Standorte durch gezielte Themensetzung. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich die Städte und Orte Konkurrenz machen. Die BUGA 2029 wird daher aufgrund ihrer Vielfalt, geografischen Ausdehnung und Erlebnisebenen gleichfalls ihre Gäste dazu anhalten, mehr als nur einen Tag im Oberen Mittelrheintal zu verbringen. Die Kommunikation wird sich das zunutze machen und darauf abzielen, die BUGA und die Tourismusregion Mittelrheintal besonders für Übernachtungsgäste interessant zu machen.

BUGA Havelregion 2015: Bepflanzung an der sanierten Stadtmauer. (Foto: DBG)
BUGA Havelregion 2015: Bepflanzung an der sanierten Stadtmauer. (Foto: DBG)

Mobilität, Geografie und Bekanntheit: Unterschiede

Auch wenn die geografische Ausdehnung der beiden BUGAs sich ähneln, gibt es doch bedeutende Unterschiede. Das Obere Mittelrheintal ist aufgrund der Lage in Deutschland, der verkehrstechnischen Erreichbarkeit und seiner historisch-touristischen Bedeutung besser erreichbar und weist ein erheblich größeres Einzugsgebiet auf.

Bei wichtigen Rahmenbedingungen unterscheiden sich die beiden regionalen BUGAs erheblich, vor allem bei Mobilität, Erreichbarkeit und touristischer Infrastruktur.

Die Mobilität im Oberen Mittelrheintal weist eine bessere Struktur und Vernetzung auf. Wander- und Radwanderwege sind bestens ausgebaut, die Verbindung zwischen den Orten per Bahn und Auto sind gewachsen und bestens nutzbar. Der Rhein als Transport- und Reiseweg hat eine lange Tradition und ist hierfür deutlich besser geeignet als die Havel, die für die BUGA zwar Kulisse war, aber kaum logistische Funktionen hatte.

Von den fünf Orten der Havelregion waren nur drei mit der Bahn erreichbar, und davon auch nicht alle komfortabel. Die Anreise per Auto war der übliche Reiseweg der Gäste, wobei die weit von der Autobahn entfernten Orte wie Havelberg oder Amt Rhinow hier deutlich benachteiligt waren. Rad- und Wasserwanderer haben eine optimale Erschließung vorgefunden, allerdings gehörten diese, gemessen an den Gesamtbesucherzahlen, zu den Nebenzielgruppen. In Kombination mit dem deutlich kleineren Einzugsgebiet der Havelregion war die erreichte Besucherzahl von einer Million dennoch zufriedenstellend.

Die Havelregion hat sich zwar auf der touristischen Landkarte etabliert, verfügt aber nicht über den deutschlandweiten Bekanntheitsgrad des Oberen Mittelrheintals mit dem Loreleyfelsen.

Ein weiterer wichtiger Unterschied ist die Bekanntheit des Oberen Mittelrheintals gegenüber der Havelregion. Letztere hat sich mit der BUGA 2015 gewissermaßen erst konstituiert, es existierten wenige gewachsene (Infra-)Strukturen, die einem großen Gästeandrang gewachsen gewesen wären. Die BUGA hat hier wichtige Impulse gegeben und Investitionen angestoßen. Die Havelregion hat sich zwar auf der touristischen Landkarte etabliert, aber nicht annähernd den deutschlandweiten Bekanntheitsgrad des Oberen Mittelrheintals mit dem Loreleyfelsen.

Erkenntnisse und Fazit

Der Vergleich mit der BUGA 2015 hat verschiedene Erkenntnisse erbracht:

  • Die Verortung der Destination bei den Gästen erfolgt automatisch.
  • Diese Erklärungsarbeit muss die Kommunikation nicht mehr leisten.
  • Als touristische Destination ist das Obere Mittelrheintal bundesweit und international bekannt.
  • Die touristische Infrastruktur (Hotellerie und Gastronomie) für eine Großveranstaltung wie die BUGA ist vorhanden. Die Qualität der Angebote und Produkte wird aber deutlich verbessert werden müssen, um zum Erfolg der BUGA beitragen zu können.
  • Die verkehrstechnische Anbindung des Oberen Mittelrheintals ist optimal, die Erreichbarkeit aller Standorte und beteiligten Städte und Gemeinden ist problemlos gegeben.
  • Die Mobilität innerhalb des Tals bietet jetzt schon viele Möglichkeiten. Zusätzlich sind noch weitere Angebote zu entwickeln, die Alternativen für den touristischen Individualverkehr mit PKW bieten.
  • Das Einzugsgebiet des Oberen Mittelrheintals ist sehr viel größer als das der Havelregion, es ist mit größeren Besucherzahlen zu rechnen.
  • Die Kommunikation muss wie 2015 die Besonderheiten jederzeit ins Zentrum stellen. Die Komplexität hinsichtlich Information, Ausstellungskonzept, Inszenierung der Region und Mobilität muss stets deutlich werden.

Zusammenfassung

Regionale Gartenschauen müssen spezifische strukturelle Besonderheiten berücksichtigen. Die BUGA 2029 nimmt die Erkenntnisse der ersten regionalen BUGA von 2015 auf. Sie hat die besseren geografischen und infrastrukturellen Voraussetzungen und damit gute Chancen, aus den Besonderheiten Vorteile machen zu können.

  • In unserer Serie beleuchten wir auf Basis der Machbarkeitsstudie (PDF 2031, Ergänzung 2029) die Möglichkeiten und Auswirkungen der Bundesgartenschau 2029 im Oberen Mittelrheintal. Bisher erschienen:
  1. Familie Schmidt besucht die BUGA
  2. Impulse für das Obere Mittelrheintal
  3. So war es bei der Landesgartenschau 2008 in Bingen
  4. So war es bei der Bundesgartenschau 2011 in Koblenz
  5. So war es bei der Bundesgartenschau 2015 in der Havelregion
  6. Eine dezentrale BUGA – geht das?
  7. Besonderheiten und Potenziale
  8. Landschaft: Wasser, Wald, Fels und Wein
  9. Die Wiege des Tourismus
  10. Infrastruktur: Fluch und Segen zugleich
  11. Orts- und Regionalentwicklung
  12. Das Unesco-Welterbe
  13. Organisationsmodell und Planungsprozess
  14. Partizipation
  15. Planungsgrundlagen
  16. Ziel- und Erfolgskriterien
  17. Flächenmeldung und Einordnung
  18. Leitlinien
  19. Verbundräume
  20. Auf dem Rhein
  21. Das ganze Tal bespielen
  22. Konzept für die BUGA 2029
  23. Qualifizierung und Auswahl von Schwerpunktstandorten und -projekten
  24. Standorte im Nördlichen Tal
  25. Standorte im Zentralen Tal
  26. Standorte im Südlichen Tal
  27. Mobilitätskonzept
  28. Veranstaltungskonzept
  29. Touristische Infrastruktur
  30. Weitere Projektideen
  31. Was bleibt?

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