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Studie: Wie die Gärten der Burgen am Rhein wieder aufblühen

Viele Gärten der 39 Burgen im Oberen Mittelrheintal sollen als renovierte Ausflugsziele das Weltkulturerbe neu beleben. Entsprechende Pläne bis zur Bundesgartenschau 2029 hat jetzt Roger Lewentz, Innenminister von Rheinland-Pfalz, in einer Pressekonferenz im Schloss Philippsburg in Braubach vorgestellt.

Burg Gutenfels in Kaub. (Foto: Herbert Piel)

Die ursprüngliche Schönheit der historischen Burggärten wiederherstellen; ihre Natur und die Gemäuer teils neu interpretieren; die Pfade und die Landschaft besser erlebbar machen: Diese Ziele ziehen sich wie ein Faden durch die Pläne der Landesregierung. Grundlage ist eine neue Studie „Inwertsetzung der Burggärten im Welterbe Oberes Mittelrheintal“ (PDF, 36 MB). Das 132-seitige Dokument erfasst und analysiert alle historisch belegten Burggärten im Welterbegebiet. Es macht Vorschläge zu ihrer Aufwertung.

„Wir wollen, dass das Obere Mittelrheintal an die Spitze der europäischen Tourismus-Destinationen zurückkehrt“, schreibt Minister Lewentz im Vorwort. Die 39 Burgen aus unterschiedlichen Epochen prägen das Erscheinungsbild des Mittelrheintals „in einer einzigartigen Weise“. Er erwartet, dass die Studie öffentliche und private Investitionen anregt. Begehbare Burggärten und Burgen sollen so Besucher anziehen.

Konkret bewertet die Studie jede einzelne Burg im Welterbegebiet – von der Feste Franz und der Festung Ehrenbreitstein im Norden über die Burgen Katzen und Maus in der Mitte bis hin zu Mäuseturm und Marktburg im Süden des Rheins. Ein gestalterischer Höhepunkt der Rheinromantik ist etwa Schloss Stolzenfels. Die Macher wollen die am aufwändigsten und weitläufigsten gestaltete Parkanlage des Wiederaufbaus der drei Burgen der preußischen Prinzenfamilie „darstellen und vermitteln“. Auch im großen Maßstab ist ein neues Landschafts- und Gartenerlebnis denkbar. So könnten hervorgehobene alte Festungsgrenzen das Erlebnis bei der Burg Rheinfels neu betonen. Bei einigen Burgen sehen die Studien keine Entwicklungsziele, etwa der Marktburg in Hessen oder der Sauerburg, wo der Eigentümer bisher auf die Anfragen zur Studie nicht reagierte.

Die Marksburg thront über Braubach. (Foto: Herbert Piel)

39 Burgen, von Mäuseturm bis Ruine Nollig

Die Entwicklungsziele im Einzelnen, zitiert im Wortlaut aus der Studie:

  • Mäuseturm: [Den] Mäuseturm als Signet der historischen Zollstation und Signalstation für Schiffe erhalten. Inszenierung der Landmarke in einer neuzeitlichen Gestaltungssprache.
  • Burg Klopp: Zeitgemäße Fortschreibung der historisch verbürgten, außergewöhnlichen Freiraumgestaltung des „Ruinengartens“ sein, ausgestattet mit neu interpretierten Kleinarchitekturen und pflanzlichen Aufwertungen.
  • Burg Rheinstein: Weiträumige Wiedererlebbarmachung der ersten Burg mit dem umgebenden Landschaftsraum im Zuge des rheinromantischen Wiederaufbaues durch die preußische Königsfamilie. Einbeziehung des Gartenprogramms als Vorbild für weitere Wiederaufbauten am Mittelrhein.
  • Burg Sooneck: Freistellung der Burg als (rhein-)romantisches Jagdschloss der preußischen Königsfamilie zur gesamtheitlichen Wahrnehmung des historischen Ensembles als eine eigene, weitere Facette des Wiederaufbaues.
  • Heimburg: Wiederaufbau des Ensembles der Heimburg mit ihren Freiflächen als Vertreter des englisch-neugotischen (Landhaus-)Stils. Gesamtziel ist die Wiedererlebbarmachung der weitläufigen, landschaftlichen Einbindung entsprechend der historisch verbürgten Parkanlage entlang des Heimbachs.
  • Sauerburg: Keine, da weder zur Burg noch zu möglichen Burggärten aussagekräftige Informationen gefunden wurden und keine Kontaktaufnahme mit dem Eigentümer möglich war. Die Burg steht zum Verkauf.
  • Ruine Fürstenberg: Erlebbarmachen der offenen Ruine in der Landschaft als unverfälschter Zeitzeuge im Kontrast und Dialog zu den wiederaufgebauten Burgen. Die Stärke der Ruine liegt in ihrer unveränderten Originalität.
  • Burg Stahlberg: Erlebbarmachung der offenen Ruine als landschaftlich eingebundener Zeitzeuge unter Beigabe einer behutsam eingefügten künstlerischen Intervention innerhalb der Burganlage zur Steigerung ihrer Wirkung und der Aufenthaltsqualität.
  • Burg Stahleck: Die öffentliche Begehbarkeit der Aussichtsterrasse mit ihrem außergewöhnlichen und weiten Blick ins Rheintal sollte auch in Zukunft als Repräsentant eines späten Wiederaufbaues erhalten bleiben.
  • Burg Pfalzgrafenstein: Herausarbeitung der landschaftlichen Funktion als wirkungsvoller Sperrriegel im Rhein im Verbund mit Burg Gutenfels. Aufwertung der einzigartigen Insellage zur Steigerung der Aufenthaltsqualität.
  • Burg Gutenfels: Optisch-räumliche Verknüpfung mit Pfalzgrafenstein als Verbund-Zollstelle und vollständige Wiederherstellung beziehungsweise Reaktivierung des historisch verbürgten Umfeldes der Burg in Form von Neuinterpretationen, insbesondere auch in pflanzlicher Hinsicht.
  • Schönburg: Stärkung der außergewöhnlichen Exposition der Burg durch attraktivere Gestaltung des Elfenleypfades, der von der Stadt aus zur Burg hinaufführt, zum Beispiel durch pflanzliche Aufwertung. Gestalterische und pflanzliche Aufwertung der direkten Burgerschließung und Parkplatzflächen.
Die Burg Rheinfels (St. Goar) ist Hotel und Restaurant. (Foto: Herbert Piel)
  • Burg Rheinfels: Rekonstruktion beziehungsweise Neuinterpretation der umfangreichen und detaillierten (Lust-)Gartenanlagen aus der Zeit der Renaissance. Der Dialog zwischen der beeindruckenden Ruine und einer starken Gartengestaltung kann als das Beispiel zur Vermittlung (des eher noch ungeachteten Aspektes) historisch belegter Gartenanlagen von Burganlagen gelten. Die historische, weitläufige, räumliche Ausdehnung der Festung sollte dargestellt werden.
  • Burg Reichenberg: Wiederherstellung der Burggärten und des Burgumfelds nach Dilichs Plänen und die Wiedersichtbarmachung der Verknüpfung der historischen Beziehung zwischen Ortschaft, Burgkapelle und Burg.
  • Burg Katz: Wiederherstellung des Burgumfeldes.
  • Burg Maus: Sanierung der beispielhaft inszenierten serpentinenartigen Erschließung der Burganlage, außerdem eine teilweise Sanierung und Reaktivierung der umfänglichen historischen Terrassierungen mit Wiederherstellung der ehemals sehr vielfältigen vorhandenen Wein- und Obstanpflanzungen.
  • Burg Liebenstein: Um eine bessere Wahrnehmbarkeit des außergewöhnlichen Ensembles der Feindlichen Brüder zu erreichen, sollten die Freiflächen aufgewertet werden, insbesondere unter Einbindung der Streitmauer. Für beide Burgen der Feindlichen Brüder ist eine Verbesserung der Wegebeziehungen von Kamp-Bornhofen zu empfehlen.
  • Burg Sterrenberg: Für beide Burgen der Feindlichen Brüder ist eine Verbesserung der Wegebeziehungen von Kamp-Bornhofen aus zu empfehlen. Um eine entsprechende Wertschätzung des außergewöhnlichen Ensembles der Feindlichen Brüder zu erreichen, ist eine Aufwertung der Freiflächen insbesondere unter Einbindung der bedeutsamen Streitmauer zu erstreben.
  • Kurfürstliche Burg: Darstellung der städtebaulichen und landschaftlichen Funktion als vorbildlich sanierter Repräsentant einer am Wasser liegenden Stadtburg und Bestandteil der Stadtbefestigung, allerdings ohne Gartenanlagen.
  • Schloss Liebeneck: Vermittlung der als Jagdschloss konzipierten (Burg-) Anlage mit gestaltetem Schlosspark und Privatfriedhof im räumlichen und familiärem Kontext mit der Burg Osterspai.
  • Burg Osterspai: Vermittlung als ehemalige Wasserburg mit historisch verbürgter barocker Gartenanlage und heute noch gut erhaltenem Gesamtensemble im Ortskern von Osterspai.
  • Schloss Philippsburg: Herausstellung der Anlage als einziges Renaissance-Gebäudeensemble mit (wiederhergestelltem) Renaissance-Garten am Mittelrhein als Repräsentant seiner Epoche.
Die Burgen Pfalzgrafenstein im Rhein und Gutenfels im Hang in Kaub. (Foto: Herbert Piel)
  • Marksburg: Wiederherstellung beziehungsweise Neuinterpretation der historisch belegten umfangreichen gärtnerischen Flächen. Übertragung des aktuellen Mottos der Marksburg „Leben auf der Burg“ auf die dazugehörigen Burggärten und Nutzgärten zur Vermittlung als vollständig nachvollziehbares Gesamtensemble.
  • Schloss Martinsburg: Wiedererlebbarmachung des historischen Wassergrabens. Die nicht historisch belegte Grünfläche bietet Raum für eine neuzeitliche Gestaltung oder künstlerische Intervention und sollte weiterhin zum Aufenthalt öffentlich zugänglich bleiben.
  • Burg Lahneck: Erlebbarmachung des englisch-neugotischen Charakters des Wiederaufbaus mit dem umfänglichen gestalterischen Einbezug des Umfeldes mit Landschaftsraum von Rhein und Lahn. Sanierung der inszenierten Erschließungswege mit dem eigens dafür gestalteten Konzept aus Rundwegen und Aussichtsplätzen. Reaktivierung der einzelnen gestaltungsprägenden Details wie zum Beispiel des Aussichtspavillons.
  • Schloss Stolzenfels: Darstellung und Vermittlung von Stolzenfels als die am aufwändigsten und weitläufigsten gestaltete Parkanlage des Wiederaufbaus der drei Burgen der preußischen Prinzenfamilie. Sie steht mit ihren Gestaltern Karl Friedrich Schinkel und Peter-Joseph Lenné für den gestalterischen Höhepunkt der Rheinromantik.
  • Kurfürstliches Schloß: Die Inwertsetzung durch die BUGA 2011 wurde bereits durchgeführt.
  • Alte Burg: Sicherung und Erhalt der Zugänglichkeit und Aufenthaltsqualität zum Garten.
  • Festung Ehrenbreitstein: Anschluss der Festung an die Tallagen durch Aufwertung der fußläufigen Verbindung ins Tal und Durchgrünung der Parkplatzflächen vor dem Dikastrialgebäude. Erstellung von Sichtbeziehungen entlang der Hanglagen zum Tal.
  • Großfestung: Umsetzung der bereits durchgeführten landschaftsarchitektonischen Wettbewerbe in angemessener Qualität.
  • Marktburg (Hessen): Keine Entwicklungsziele.
  • Boosenburg (Hessen): Optische Verknüpfung der Freiflächen im Zusammenspiel mit der Brömserburg und der Stadt Rüdesheim. Erlebbarmachung der thematischen Verknüpfung Wein und Burg innerhalb der Gartenanlagen.
  • Brömserburg (Hessen): Die Außergewöhnlichkeit als ehemalige Wasserburg kann mit gestalterischen Aufwertungen und Flächenumgestaltungen wieder in eine räumlich wahrnehmbare Einheit im Stadtbild überführt werden. Historische Dachbegrünung als Alleinstellungsmerkmal wiederherstellen.
  • Ruine Rossel (Hessen): Vermittlung der Ruine Rossel und der Parkanlage als Symbolträger der Rheinromantik.
  • Ruine Ehrenfels (Hessen): Ziel ist die Erlebbarmachung als eine im Einklang mit der Natur stehende Ruine unter Berücksichtigung der vorhandenen Artenvielfalt (Flora/Fauna) ein wichtiges Ziel.
  • Burg Rheinberg (Hessen): Erlebbarmachung als eine von der Natur eingenommene Ruine unter Berücksichtigung der vorhandenen Artenvielfalt (Flora/Fauna) und des naturräumlichen Zusammenhangs des Rheingauer Gebücks im Verbund mit der Ruine Waldeck.
  • Burg Waldeck (Hessen): Erlebbarmachung als eine von der Natur eingenommene Ruine unter Berücksichtigung der vorhandenen Artenvielfalt (Flora/Fauna) und dem naturräumlichen Zusammenhang des Rheingauer Gebücks im Verbund mit Ruine Rheinberg.
  • Ruine Nollig (Hessen): Vermittlung des ausgebauten Wohnturms als Bestandteil der Befestigungen im Verbund mit Ruine Rheinberg und Waldeck.
Burg Reichenstein mit Restaurant und Hotel in Trechtingshausen. (Foto: Herbert Piel)

Neue Aussichtspunkte auf den Rhein

Daneben ist an eine Serie neuer Aussichtspunkte gedacht. Attraktive Plätze sollen erheblich mehr Besucher anlocken. Als Beispiele nennen die Autoren einen „Skywalk“ in Arnbruck (Österreich) und den „Stegastein“ in Norwegen. Ein Wegleitsystem soll die Besucher durch die Gegend orientieren. In Fällen, bei denen die Sanierung oder Wiederherstellung eines Burggartens nicht erwünscht ist, kann der Ort durch Kunst an seinen Ursprung erinnern. So zeigt die Studie eine als Holzkonstruktion nur angedeutete Kirche in Borglon (Belgien) und eine Passage aus aufgetürmten Holzscheiten, die eine Tür nachbilden.

Die Studie wurde erstellt von Bittkau-Bartfelder+Ingenieure (Wiesbaden). Finanziert hat die Studie das rheinland-pfälzische Innenministerium, die Federführung hatte die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz. Die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz begleitete die Studie fachlich.

Ergänzend zur aktuellen Studie gibt es seit einigen Jahren für Touristen einen kostenlosen Mittelrhein-Burgenführer als PDF-Dokument:

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